Marion Zöchbauer: Greenwashing erkennen und vermeiden

Die Green Claims Directive der EU setzt neue Standards in der Nachhaltigkeitskommunikation und beschäftigt schon jetzt Presse- und Kommunikationsabteilungen. Wir haben Marion Zöchbauer, Geschäftsführerin der Klimaschutzakademie und Expertin für Greenwashing, gebeten, uns in einem Gastbeitrag zu erklären, was derzeit und in Zukunft als Greenwashing gilt.

Was versteht man unter Greenwashing?

Laut Duden ist Greenwashing der “Versuch [Anm. von Firmen, Institutionen], sich durch Geldspenden für ökologische Projekte, PR- oder andere Maßnahmen o. ä. als besonders umweltbewusst und umweltfreundlich darzustellen.” Diese Definition ist wichtig, da sie zeigt, dass Greenwashing nicht nur auf reine Marketingclaims auf Produkte beschränkt ist.

 

Wie sieht die Praxis aus?

Kaum jemand kann heute noch in ein Geschäft gehen, ohne nicht mindestens einem grünen Claim auf irgendeinem Produkt zu begegnen. Die Konsument:innen haben ob des aktuellen “Gütesiegeldschungels” und der sehr missbräuchlichen Verwendung von Klimaneutralitätsclaims fast keine Chance, echte Nachhaltigkeitsbestrebungen von Greenwashing zu unterscheiden. Eine Studie im Auftrag der EU-Kommission hat ergeben, dass 53% der untersuchten grünen Angaben vage, irreführende oder unbegründete Informationen enthalten. Ganze 40% der Nachhaltigkeitsbehauptungen sind nicht belegt! (Green claims – European Commission).

 

Hydra “Greenwashing” – kann man sie zähmen?

Darüber hinaus gibt es jedoch noch weitere Greenwashing-Taktiken. Die NGO Planet Tracker hat diese in einer sog. Greenwashing Hydra zusammengefasst (The Greenwashing Hydra – Planet Tracker). Die Übersicht veranschaulicht, wie Unternehmen subtile Maßnahmen nutzen, um sich nachhaltiger zu positionieren, als sie in Wirklichkeit sind. Erst kürzlich hatten wir in einem Workshop eine Diskussion, ob es Greenwashing ist, wenn ein Mineralölkonzern in einem Werbespot damit wirbt, dass er als Naturschutzmaßnahme die Umgebung in der Nähe seiner Bohranlagen schützt. Die Frage lautete: „Warum darf das Unternehmen damit nicht werben, wenn es das tatsächlich tut”? Ja, warum nicht? Zum einen, weil das offensichtlich nur ein Nebenaspekt des umweltschädlichen Erdölgeschäfts ist und damit klassisch unter Greenwashing fällt. Zum anderen, weil es gefährlich ist, wenn Menschen den Eindruck gewinnen, dass fossile Unternehmen doch eigentlich gar nicht schlecht für die Umwelt sind.

 

Werbeverbot als Lösung?

Der UN-Generalsekretär Antonio Guterres fordert überhaupt ein Verbot für die Bewerbung von Kohle, Gas und Erdöl, weil er meint, dass „Milliarden von Dollar […] dafür aufgewendet [wurden], die Wahrheit zu verdrehen, die Öffentlichkeit zu täuschen und Zweifel zu säen“ (derStandard: Guterres fordert Werbeverbot für Kohle, Öl und Gas).

 

Neue Directive soll helfen

Die EU-Kommission hat die Gefahr von Greenwashing erkannt und erlässt entsprechende Gesetze dagegen. Die sog. Empowering Consumers for the Green Transition Directive ist ein konkreter Schritt, um Greenwashing einen Riegel vorzuschieben. (Factsheet Empowering Consumers). Unternehmen dürfen auf dieser Basis z.B. keine vagen Claims wie “eco” oder “grün” mehr verwenden. Auch die geplante sog. Green Claims Directive wird dabei unterstützen, Greenwashing weiter einzudämmen.

 

Gemeinsam gegen Greenwashing

Viele Aspekte von Greenwashing sind jedoch viel subtiler und nicht auf den ersten Blick ersichtlich. Das Beispiel des Öl-Werbespot und viele weitere Beispiele des Planet Tracker zeigen, wie Organisationen ganz bewusst daran arbeiten, ihrem Image einen grünen Anstrich zu verpassen, ohne ernsthafte und vor allem ausreichende Maßnahmen zu setzen. Stattdessen führen diese Taktiken zu Scheinlösungen und Verzögerungen auf dem Weg zur grünen Transformation. Wieso sollten wir noch etwas ändern,  wenn doch schon alles klimaneutral und grün ist?

 

Es liegt in unser aller Verantwortung, hier gemeinsam dagegenzuhalten. Greenwashing ist kein Kavaliersdelikt und darf keinesfalls kleingeredet werden. Konsument:innen haben ein Recht auf transparente und korrekte Informationen für eine selbstbestimmte Kaufentscheidung. Diese Verantwortung gilt umso mehr für die Mitarbeiter:innen in den Kommunikationsabteilungen der Unternehmen. Eine kleine Hilfestellung, wie Greenwashing und entsprechende Vorwürfe und Klagen zu vermeiden sind, sei im Folgenden gegeben.

 

Kommunikation ohne Greenwashing – so funktionierts

  • Transparenz ist oberstes Gebot (auch hinsichtlich Rückschlägen oder Defiziten)
  • Eine gute Nachhaltigkeitsstrategie ist Grundvoraussetzung
  • Wissen und Know-how zu Klimaschutz ist auch für Kommunikationsprofis notwendig
  • Aussagen und Versprechen müssen belegbar, nachweisbar und umfassend sein
  • Keine unklaren und/oder diffusen Begriffe verwenden
  • „Wir sind nicht am Ziel, aber am Weg“ – Botschaften

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