Von Anfang an – schon lange vor der Eröffnung des Climate Lab – war Nachhaltigkeit ein fester Bestandteil des Impact Hub Wien. Mit dem Voranschreiten der Klimawende wird es auch für uns immer wichtiger, nicht nur “nachhaltig” zu agieren, sondern vielmehr einen konkreten und klaren Fahrplan Richtung Net-Zero zu entwickeln und zu beschreiten. Dabei geht es für uns – wie für jedes andere Unternehmen auch – um deutlich mehr als Verantwortungsbewusstsein. Als Co-Working-Space für Dutzende von Start-ups im Nachhaltigkeitsbereich sind wir nicht zuletzt durch die Climate Lab Community gefordert, transparent über unsere Emissionen zu berichten und eine belastbare Strategie für Net-Zero vorzulegen. So wie für uns wird Transparenz bei den eigenen Emissionen und den Maßnahmen zur Emissionsreduktion für alle Unternehmen zunehmend zu einem entscheidenden Faktor für den wirtschaftlichen Erfolg.
In diesem Jahr haben wir daher beschlossen, einen großen Schritt nach vorne zu machen und einen ehrgeizigen Nachhaltigkeitsfahrplan zu entwickeln, um bis 2030 Netto-Null-Emissionen zu erreichen. Unser Fahrplan ist das Ergebnis monatelanger sorgfältiger Planung, Zusammenarbeit und Reflexion. In diesem Blogbeitrag möchten wir dir nicht nur zeigen, wie dieser Fahrplan aussieht, sondern auch die Herausforderungen, denen wir uns gegenübersahen, und die Lektionen, die wir auf dem Weg gelernt haben – und andere Organisationen inspirieren, es uns gleichzutun. Egal, ob Du am Anfang stehst oder schon mitten in Nachhaltigkeitsbemühungen steckst, diese Erkenntnisse können Dir helfen, einen sinnvollen Fahrplan in Richtung Netto-Null zu entwickeln.
1. Fakten auf den Tisch – Ermittle deine aktuellen Emissionen
Unser erster Schritt war es, unsere Basisemissionen zu verstehen. Es ist unmöglich, sinnvolle Reduktionsziele festzulegen, ohne zu wissen, wo man steht. Wir haben Monate damit verbracht, Daten zu sammeln, um eine Emissionsbasis zu erstellen – und alles von Stromverbrauch über Geschäftsreisen bis hin zu Abfallmanagement zu erfassen.
Sobald wir diese Basis hatten, entwickelten wir ein System zur jährlichen Verfolgung unserer Emissionen. Dieses Tracking-System ermöglicht es uns, die Wirksamkeit unserer Reduktionsmaßnahmen im Laufe der Zeit zu messen.
Take away: Ermittle den Ist-Zustand. Erst danach kannst du ehrgeizige Ziele formulieren.
2. Nicht kleckern sondern klotzen – Netto-Null statt nur CO2-Neutralität
CO2-Neutralität reicht (uns) nicht, da diese stark auf Emissionsausgleich setzt. Stattdessen verpflichten wir uns zu Netto-Null, was bedeutet, dass wir Emissionen so weit wie möglich reduzieren, bevor wir den unvermeidlichen Rest mit Ausgleichsmaßnahmen kompensieren.
Der Unterschied:
- CO2-Neutralität beinhaltet das Ausgleichen von Emissionen durch Ausgleichsmaßnahmen, wie z. B. Investitionen in erneuerbare Energieprojekte oder das Pflanzen von Bäumen.
- Netto-Null ist strenger. Es erfordert, die Emissionen in allen Scopes – Scope 1, Scope 2 und Scope 3 – auf nahezu Null zu reduzieren, bevor Ausgleichsmaßnahmen für den unvermeidbaren Rest in Anspruch genommen werden.
Das Verständnis von Scope 1 – 3 ist entscheidend:
- Scope 1: Direkte Emissionen aus Quellen, die Ihre Organisation kontrolliert, wie z. B. Brennstoffe für Heizung oder Firmenfahrzeuge.
- Scope 2: Indirekte Emissionen aus gekaufter Energie wie Strom oder Fernwärme.
- Scope 3: Indirekte Emissionen aus Aktivitäten, die nicht direkt von Ihrer Organisation kontrolliert werden, einschließlich Ihrer Lieferkette, Pendelverkehr der Mitarbeiter und Geschäftsreisen.
Scope 3 in den Plan einzubeziehen, kann aufgrund der Komplexität herausfordernd sein, ist aber notwendig für einen umfassenden Ansatz. In unserem Fall macht Scope 3 einen erheblichen Teil unseres CO2-Fußabdrucks aus.
Take away: Wer es ernst meint, setzt sich Netto-Null zum Ziel – inklusive aller Emissionsscopes.
3. Schritt für Schritt – Setz Dir jährliche Ziele
Ein langfristiges Ziel, wie die Erreichung von Netto-Null bis 2030, kann überwältigend wirken, besonders für eine kleinere Organisation. Deshalb haben wir frühzeitig gelernt, dass es entscheidend ist, den Weg in überschaubare jährliche Ziele aufzuteilen.
In unserem Fahrplan haben wir einen schrittweisen Plan erstellt, der Folgendes umfasst:
- 2024: Sofortige Reduzierungen durch Maßnahmen zur Energieeffizienz, wie die Optimierung von Heizsystemen und die Implementierung einer nachhaltigeren Reisepolitik.
- 2025: Ausbau unserer Bemühungen mit einer Reduktion der Emissionen um 40 %, einschließlich Bürosanierungen und weiterer Lieferantenbewertungen.
- 2026 und darüber hinaus: Innovation durch die Integration erneuerbarer Energiequellen und die Förderung systemischer Veränderungen, wie die Dekarbonisierung des Wiener Fernwärmesystems. Wir planen auch, für die Infrastruktur erneuerbarer Energien zu werben.
Durch jährliche Zwischenziele stellen wir sicher, dass wir unsere Fortschritte verfolgen und unsere Strategien bei Bedarf anpassen können.
Take away: Jährliche Zwischenziele machen den Fahrplan flexibel und den Fortschritt überschaubar und überprüfbar.
4. Reduktionsmaßnahmen allein sind zu wenig: Richtlinien, Vorgaben und Schulungen sind entscheidend
Nachhaltigkeit betrifft nicht nur operative Änderungen – es geht auch darum, die Arbeitsweise der Organisation zu verändern. Wir haben schnell erkannt, dass unser Fahrplan durch gut gestaltete Richtlinien und Vorgaben unterstützt werden muss, die mit unseren Zielen zur Emissionsreduzierung in Einklang stehen.
Zum Beispiel haben wir neue Richtlinien für Geschäftsreisen eingeführt, die umweltfreundliche Reisearten bevorzugen, und interne Temperaturkontrollrichtlinien festgelegt, um den Energieverbrauch in unseren Büros zu reduzieren. Aber allein das Erstellen von Richtlinien reicht nicht aus. Wir haben auch Teamworkshops und Schulungen organisiert, um sicherzustellen, dass jedes Teammitglied die eigene Rolle bei der Erreichung unseres Zieles versteht.
Take away: Richtlinien, Vorgaben und regelmäßigen Schulungen sorgen dafür, dass jedes Teammitglied die eigene Rolle auf dem Weg zu Net-Zero versteht.
5. Net-Zero hat Freunde – Such nach Fördermöglichkeiten
Eine der Herausforderungen sind die Kosten für die Umsetzung. Nachhaltigkeitsinitiativen können teuer sein, insbesondere wenn sie Infrastrukturänderungen oder neue Technologien umfassen. Wir konnten jedoch externe Fördermöglichkeiten identifizieren, die helfen, diese Kosten auszugleichen.
In Wien und Österreich gibt es Fördermittel und Zuschüsse für Energieeffizienzmaßnahmen wie etwa den Tausch der Gasthermen oder für Beratungsdienste. Diese Mittel erlauben es uns, so schnell und ambitioniert zu planen, wie wir es tun.
Take away: Nachhaltigkeit kostet, bringt aber zugleich Geld. Such nach Fördermöglichkeiten, um deine Initiativen zu beschleunigen.
6. Nachhaltigkeit ist was für Profis – Stell einen Nachhaltigkeitskoordinator ein
Für uns war es entscheidend, einen Nachhaltigkeitskoordinator einzustellen. Diese Rolle bietet die nötige Expertise und Führung, um unsere Netto-Null-Bemühungen auf Kurs zu halten. Unser Nachhaltigkeitskoordinator ist verantwortlich für alles, von der Erfassung und Berichterstattung der Emissionen bis hin zur Leitung interner Nachhaltigkeitsinitiativen.
Die Besetzung dieser Rolle ermöglicht uns effektive Fortschritte und stellt vor allem sicher, dass wir zwischen all den anderen Aufgaben den Pfad Richtung Net-Zero nicht aus den Augen verlieren.
Take away: Mit Nachhaltigkeitskoordinator geht’s schneller und leichter..
7. Wir sind (nur) Teil des Systems – Plane externe Faktoren ein
Egal, wie ehrgeizig Dein Nachhaltigkeitsplan ist, manche Faktoren liegen einfach außerhalb deiner Kontrolle. Für uns ist eine der größten externen Abhängigkeiten die Energieinfrastruktur in Wien. Unsere Fähigkeit, die Emissionen weiter zu reduzieren, hängt vom Umstieg der Stadt zu erneuerbarer Fernwärme ab.
Wir haben diese Abhängigkeiten in unserem Fahrplan berücksichtigt, Annahmen über externe Fortschritte getroffen und Strategien zur Minderung entwickelt, falls die Dinge nicht wie geplant verlaufen. Insbesondere erkennen wir die Bedeutung der Advocacy für die systemischen Veränderungen, die erforderlich sind, um unsere Ziele zu erreichen. Mit einem soliden Fahrplan in der Hand sind unsere Advocacy-Bemühungen glaubwürdiger und wirkungsvoller.
Take away: Wer die externen Faktoren versteht, kann besser planen und Druck für wirkungsvolle, systemische Veränderungen im Umfeld der eigenen Organisation machen.
Wir brechen auf – kommst du mit?
Die Entwicklung eines Nachhaltigkeitsfahrplans war ein herausfordernder, aber lohnender Prozess. Wir haben Hürden überwunden, aber auch erhebliche Fortschritte erzielt – und bewiesen, dass selbst relativ kleine Organisationen mutige Schritte in Richtung Netto-Null unternehmen können. Unsere Hoffnung ist, dass wir durch das Teilen unserer wichtigsten Erkenntnisse andere Organisationen – ob groß oder klein – inspirieren können, aktiv zu werden.
Gemeinsam können wir eine Welle positiver Veränderungen erzeugen und beweisen, dass Net-Zero keine Träumerei, sondern ein sehr realistisches Ziel ist, das wir alle, vom kleinen Start-up bis zum Großunternehmen, erreichen können. Bist du dabei?
Über den Autor:
Jakob Detering ist unser Geschäftsführer und leitet das Portfolio von Impact Hub, Climate Lab und Future Health Lab. Als anerkannter Impact-Unternehmer und Organisationsentwickler war Jakob auch eine treibende Kraft bei der Transformation des Social Impact Award in die weltweit führende Gemeinschaft für sozial orientierte Start-ups. Er bringt umfangreiche Erfahrung in der Skalierung sozialer Unternehmen und der Förderung systemischer Veränderungen in Europa und darüber hinaus mit.