Der Elefant im Raum – Beschaffung

62 Mrd Euro geben Bund und Länder in Österreich jedes Jahr für Beschaffung aus. Wie man den Hebel “Beschaffung” für Klimawende und Kreislaufwirtschaft umlegen kann, haben wir in unserem Industry Circle thematisiert.

Können wir uns Klimawende und Kreislaufwirtschaft überhaupt leisten? Wie sollen wir das alles bezahlen? Die Frage nach dem Geld wird oft gestellt, wenn es um die Transformation hin zu einem nachhaltigen Wirtschaftssystem geht. Dabei kann doch ungeheuer viel bewegt werden, ohne neues Geld in die Hand zu nehmen. Dann nämlich, wenn wir bestehende Ausgaben umschichten. Dieser Hebel ist in Österreich 62 Mrd Euro schwer – pro Jahr! Das sind 18% des österreichischen BIPs. Und damit nicht genug – auch Unternehmen geben Jahr für Jahr enorme Summen für alle Arten von Beschaffung aus. Die Möglichkeiten der Einkaufsabteilungen werden oft unterschätzt. In der Klimakrise könnten sie zu den heimlichen Helden werden, mit denen wir die Kurve kriegen.

Großes Interesse im Publikum an einem Thema, mit dem sich viel bewegen lässt. Bild: Andreas Gabler

Die Guten belohnen

Veranstaltungspartner des Industry Circle waren Schiefer Rechtsanwälte. Martin Schiefer erklärte in seinem Impulsvortrag die Motivation. Die Kanzlei möchte Unternehmen helfen, die Dinge in die Praxis zu bekommen. Initiative soll sich auszahlen, die Guten sollen belohnt werden. Das klappt, wenn sie bei der Beschaffung Vorteile für Angebote mit niedrigem ökologischen Fußabdruck vorfinden. Damit das geschieht, braucht es den geeigneten Rechtsrahmen. Den erklärt Climate Lab Dauergast Andreas Tschulik vom Bundesministerium für Klimaschutz in gewohnt kompetenter Weise. So wird beispielsweise die Ökodesignverordnung in Zukunft eine große Rolle spielen.

Martin Schiefer (Mitte), und Andreas Tschulik (rechts daneben) in angeregter Diskussion mit den Gästen. Bild: Andreas Gabler
Spannender Impuls von Holger Hoff (Alfred Wegener Center, Uni Graz).

Verantwortung endet nicht am Werkstor

Jede Menge fachliche Grundlage stellte Holger Hoff vom Alfred Wegener Center der Universität Graz im dritten Impulsvortrag bereit. So werden die Emissionen von Unternehmen und der öffentlichen Hand in 3 “Scopes” unterteilt:

  • Scope 1 sind jene Emissionen, die vom Unternehmen direkt durch die Gebäude, Produktion und den Fuhrpark verursacht werden.
  • Scope 2 wiederum fasst indirekte Emissionen, z.B. durch den verbrauchten Strom oder Fernwärme zusammen.
  • Scope 3 bezeichnet schließlich sämtliche Emissionen, auf die das Unternehmen keinen direkten Einfluss hat, die aber mit den Aktivitäten des Unternehmens in Zusammenhang stehen. Das betrifft die Lieferkette, Pendelverhalten, Abfälle, Investments und vieles mehr.

Nahezu 80% der Emissionen fallen unter Scope 3, entstehen somit außerhalb des Unternehmens durch Beschaffung, Lieferkette und Ähnliches. Hier ergibt sich eine große Verantwortung, aber auch ein entsprechender Hebel.

Ein Plan für grüne Beschaffung

Wie kann nachhaltige Beschaffung gelingen? Dafür gibt es einen Plan: “naBe” – der österreichische Aktionsplan für nachhaltige Beschaffung der Bundesbeschaffung GmbH (BBG), finanziert aus den Mitteln des Klimaschutzministeriums. Darin enthalten sind Kriterien für eine nachhaltige Beschaffung für 16 Produktgruppen, mit deren Hilfe die Beschaffungen der öffentlichen Hand nachhaltiger werden sollen. 2019 wurde dazu auch die naBe-Plattform im BBG als Servicestelle und erste Anlaufstelle eingerichtet.

Die Gespräche gingen auch in der Pause weiter.

In Linz beginnt’s

Die Stadt Linz, die auch Ecosystem-Partner des Climate Lab ist, hat mit sich mit Hilfe ihrer Klimastabsstelle bereits an die Umsetzung der naBe-Kriterien gemacht. Über die Herausforderungen und Erfahrungen berichtete Klimakoordinator Oliver Schrot im Anschluss zu den Impulsvorträgen auf dem Tisch der Stadt Linz. Daneben gab es 4 weitere Themen-Tische, zu denen weitere Climate Lab Partner ihre Themen mitbrachten. Am Tisch der Wiener Linien stand die nachhaltige Baustelle im Fokus, die voestalpine befasste sich mit dem Lieferkettengesetz. Die Wien Energie wiederum hatte das Thema Partnerschaftsverträge im Visier, während Eviden sich der IKT-Beschaffung widmete.

Mit grüner Beschaffung kann zwar viel erreicht werden, aber auch der Bietermarkt muss auf die Reise mitgenommen werden. Immerhin kann nur eingekauft werden, was auch angeboten wird. Ein enger Austausch mit den Anbietern ist daher dringend erforderlich. Es ist noch einiges zu tun, wenn wir den schlafenden grünen Riesen namens “nachhaltige Beschaffung” wecken wollen. Aber ist er erstmal wach, kann er großes Bewirken.

Titelbild: aleksandarlittlewolf on Freepik

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