Taxonomie: Finanzströme in neuen Bahnen

Rund 2 Millionen Gebäude gibt es in Österreich, die immerhin 12% der österreichischen CO2-Emissionen verursacht. Auf dem Weg zur Klimaneutralität führt an einer Sanierung und Umrüstung auf erneuerbare Energien kein Weg vorbei. Wie die EU-Taxonomie dabei helfen kann, diese Aufgabe zu lösen, wurde nun in einem Industry Circle im Climate Lab in Zusammenarbeit mit klimaaktiv – der Klimaschutzinitiative des Klimaschutzministeriums – erörtert.

Gebäude zählen zu den ganz großen Brocken, die auf dem Weg zur Klimaneutralität angegangen werden müssen. Für ihre Errichtung wurden und werden große Mengen an Materialien und Energie eingesetzt. Auch im Betrieb fallen je nach Dämmung und Heizungssystem unterschiedlich viele Emissionen an. Eine möglichst lange Nutzungsdauer bei möglichst geringem Energieverbrauch ist ein wichtiges Ziel auf dem Weg zur Klimaneutralität.

Die Realität sieht leider nach wie vor anders aus. Viele Gebäude werden auf der grünen Wiese neu errichtet. Die Dämmung und Sanierung im Bestand kommt aufgrund der vielfältigen Hürden wie Denkmalschutz, Besitzverhältnisse, Gebäudearchitektur und Substanz nur schleppend voran. Ein Hauptfaktor sind dabei, wie so oft, die Kosten. Die klimaschonendste ist oft nicht die günstigste Variante.

Der Neubau auf der grünen Wiese ist viel zu oft die günstigste Lösung; ©4045

Klimaschutz soll sich lohnen
Das soll sich ändern, unter anderem durch die  EU-Taxonomie-Verordnung. Dabei handelt es sich um ein Klassifizierungssystem für nachhaltige, ökologische Aktivitäten. Durch diese EU-Regelung wird der energetische Zustand des Gebäudes in Zukunft eine immer größere Rolle bei der finanziellen Bewertung einer Immobilie spielen. Das wiederum hat große Auswirkungen auf Finanzinstitute und deren Kreditvergabe. So sollen finanzielle Anreize entstehen, Gebäude möglichst rasch zu sanieren und so deren Emissionen zu reduzieren. Ob und wie das funktionieren kann, haben Vertreter:innen aus der Baubranche, dem Finanzsektor, der Verwaltung und der Wissenschaft bei einem Industry Circle des Climate Lab in Kooperation mit klimaaktiv diskutiert.

Andrea Jany, Universität Graz; Markus Auinger, iC Consulenten; Martin Clemens Weber, Erste Bank; Robert Lechner, Ökologie-Institut

Die Schlacht wird im Bestand gewonnen
Andrea Jany (Universität Graz), Markus Auinger (iC Consulenten), Martin Clemens Weber (Erste Bank) und  Robert Lechner (Ökologie-Institut) führten das Publikum mit Impulsvorträgen in das Thema ein. Dass “die Schlacht um die Klimaneutralität im Gebäudebestand zu gewinnen ist”, wie an einer Stelle treffend formuliert, war dabei schnell klar. 70% der Emissionen eines Gebäudes entstehen im Zuge der Errichtung (sog. graue Emissionen), wobei das natürlich je nach Art des Gebäudes variieren kann. Den Bestand zu nutzen und zu verbessern, anstatt neu zu bauen, ist daher die wirksamste Klimaschutzmaßnahme im Gebäudesektor. Aber auch die Emissionen im Betrieb sind erheblich. Das Beheizen allein ist für rund 1/10 der globalen CO2-Emissionen verantwortlich. Mit modernen Dämmstoffen und energiesparenden, CO2-freien Heizsystemen kann hier viel erreicht werden und mit der Taxonomie-Verordnung soll sich das bald auch lohnen.

 

Thomas Kaissl von Climate Lab

Finanzierung als Joker
Für Unternehmen und Finanzdienstleister empfiehlt es sich jedenfalls schon heute, steigende Kosten für den Bau und Betrieb klimaschädlicher Immobilien zu berücksichtigen. Gleichzeitig wächst auch der Informationsbedarf über den Zustand der eigenen oder der zu finanzierenden Gebäude für eine exakte Bewertung. Die Finanzierung von Objekten mit schlechter Klimabilanz wird zwar auch in Zukunft noch möglich sein, aber deutlich teurer werden. Wie die Bewertung von Gebäuden funktionieren kann, dazu hat das Ökologie Institut mit dem Programm “klimaaktiv Gebäude” viel Erfahrung gesammelt. Hierbei wurden bereits mehr als 1400 Gebäude bewertet, woraus sich wertvolle Rückschlüsse für die weitere Vorgehensweise ziehen lassen.

Technologie und Know-How sind schon da
Weitestgehend einig war man sich, dass die Taxonomie-Verordnung zwar ein wichtiger Schritt sei, für sich allein jedoch nicht ausreichend ist. Weitere Schritte wie das Erneuerbare Wärme Gesetz sind dringend erforderlich. An der Technik jedenfalls scheitert die nachhaltige Umrüstung eher nicht. Die notwendige Technologie und auch das Know-How für eine breite und schnelle Aufwertung des Gebäudebestandes sind vorhanden. Jetzt liegt es vor allem am gesellschaftlichen und politischen Willen, die Rahmenbedingungen für eine rasche Umsetzung zu schaffen.

Titelbild: ©Freepik

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