Klimaneutrale Chemiebausteine

Christian Weilach von co2ol Catalyst erzählt über das geplante Spin-off der TU Wien. Christian hat mit Kolleg:innen eine Katalysator-Technologie entwickelt, mit der CO2 in Methanol umgewandelt werden kann.

Christian, was genau macht ihr bei Cool Catalyst?
Mit unseren Katalysatoren können wir aus dem CO2, das wir alle loswerden wollen, mit der Hilfe von grünem Wasserstoff den Wertstoff Methanol produzieren. Methanol ist einer der wichtigsten Grundbausteine der chemischen Industrie.

Was heißt das konkret und was bringt es – in Zahlen – für’s Klima?
Wir arbeiten an neuen, besonders effizienten Wegen, CO2 zu Methanol umzuwandeln. Rein stöchiometrisch wird pro Tonne Methanol so 1,35 Tonnen CO2 eingespart.

Wie weit seid ihr da bis jetzt gekommen?
Im Labormaßstab konnten wir zusammen mit Industriepartnern, großen Unternehmen in Österreich, bereits zeigen, dass unser Katalysator sehr gut für deren Abgase funktioniert. Wir sind jetzt im Upscaling und werden bis 2025 einen Prototypen bauen, den wir dann aus dem Labor zu den Kunden bringen können, um die Technologie zu demonstrieren.

Interview mit Christian Weilach von co2ol Catalyst. mpk

Welche Unternehmen habt ihr da mit an Bord?
Bis jetzt konnten wir die OMV, die RHI Magnesita und die Voestalpine gewinnen. Wir sind auch sehr froh über das Feedback und die Unterstützung, die wir von diesen Partnern bekommen haben und freuen uns auf die weitere Zusammenarbeit. Wir sind aber natürlich auch offen für weitere Kooperationen.

Was sind die konkreten Einsatzbereiche eurer Technologie?
Unser Katalysator kann überall dort eingesetzt werden, wo viel CO2 emittiert wird – also in der klassischen Schwerindustrie wie Stahl, Zement oder Energieerzeugung.

Gerade die Zementindustrie hat das Problem, dass selbst mit einer kompletten Umstellung auf erneuerbare Energie, immer noch intrinsisch CO2 beim Kalkbrennen anfällt. Das CO2 kommt aus den Mineralien, das lässt sich nicht vermeiden.

Warum gerade Methanol? Was macht Methanol so besonders?
Methanol ist so was wie ein Legostein der chemischen Industrie – eine wichtige Grundchemikalie, deren Bedeutung immer weiter zunimmt. Derzeit umfasst die weltweite Produktion ungefähr 100 Millionen Tonnen, Tendenz stark steigend. Das stammt fast ausschließlich aus fossilen Quellen, könnte aber ebensogut aus CO2 hergestellt werden.

Methanol ist außerdem sehr leicht lagerfähig, transportfähig und speicherbar. Es kann also dezentral erzeugt werden, zum Beispiel in einer Biogasanlage.

Sind auch Anwendungen in Richtung E-Fuels, alternative Kraftstoffe oder Flugzeugkraftstoffe angedacht?
Methanol kann auch für E-Fuels eingesetzt werden, ja. Vor allem im Schifffahrtsektor stellen gerade sehr viele Unternehmen von Schweröl auf Methanol um, weil das Vorteile gegenüber Wasserstoff und Batterien bietet. Wir planen allerdings, unser Methanol vorrangig als Rohstoff für die chemische Industrie anzubieten.

Um was daraus zu machen?
Die wichtigsten Folgeprodukte aus Methanol sind Formaldehyd für die Herstellung von Harzen und Leimen, z.B. in der Möbelindustrie, und Olefine als Rohmaterial für die Herstellung von Kunststoffen.

Sprich langlebige, rezyklierbare Produkte, bei denen das CO2 am Schluss nicht in die Atmosphäre kommt?
Ja, genau.

Katalysatoren zur CO2-Reduktion gibt es ja bereits. Was macht euren Katalysator so besonders?
Zunächst mal ist unser Katalysator schon bei milderen (geringerer Druck und Temperatur; Anm.) Bedingungen aktiv als die derzeit eingesetzten Kupferkatalysatoren, dadurch sparen wir im Betrieb sehr viel Energie. Unser Katalysator hat unter diesen Bedingungen eine deutlich höhere Methanol-Ausbeute. Damit landet der wertvolle Wasserstoff, der notwendig ist, um das Methanol aus dem CO2 herzustellen, auch wirklich im Wertprodukt Methanol und nicht in irgendwelchen Nebenprodukten. So wird der ganze Prozess auch wirtschaftlich sehr viel effizienter und interessanter. Gleichzeitig wird das Klima durch den geringeren Energiebedarf geschont.

Dann ist da noch das Problem mit dem Schwefel: Alle typischen Abgase enthalten Schwefelverunreinigungen, aber die derzeit gebräuchlichen Katalysatoren brauchen praktisch schwefelfreies CO2. Das verursacht einen sehr hohen Aufreinigungsaufwand.

Demgegenüber ist unser Katalysator sehr resistent gegen Schwefelverunreinigungen. Dadurch wird der Aufreinigungsaufwand deutlich reduziert und der ganze Prozess wird einfacher, effizienter und billiger. Gerade bei biogenen CO2-Quellen wie Biogasanlagen und Ähnlichem ist das besonders wichtig.

Insbesondere, wo doch biogene Quellen klimaneutrales CO2 emittieren?
Ja. Methanol, das derzeit aus Erdgas oder sogar Kohle hergestellt wird und aus asiatischen Ländern zu uns nach Europa importiert wird, könnte durch Methanol aus biogenem CO2 ersetzt werden. So erreicht man eine deutliche Footprint-Reduktion und wir kommen weg von den fossilen Rohstoffen.

Was war eigentlich die persönliche Motivation dahinter, in diesen Entwicklungsprozess und in diesen Spin-off zu gehen?
Angefangen hat das Ganze vor vier bis fünf Jahren auf der TU Wien als Forschungsprojekt, wo man sich mit der Katalyse schon lange beschäftigt hat und dann auch in die Forschungsrichtung CCU reingegangen ist. Irgendwann gab es eine Veröffentlichung auf der TU Homepage, dann in Medien und relativ bald danach haben Firmen bei uns angerufen und gesagt: “Hey, was ihr da macht, das ist ja eine tolle Sache. Können wir mehr darüber erfahren, können wir vielleicht irgendwie sogar zusammenarbeiten?” Da haben wir uns entschieden, unsere Forschung auch wirklich aus dem Labor in die Praxis zu bringen.

Und was sind die Herausforderungen, vor denen ihr derzeit steht? Was sind eure nächsten großen Schritte, die ihr jetzt nehmen müsst?
Wir haben zwei Patente angemeldet, wovon auch eins jetzt schon genehmigt wird in Österreich.

Der nächste wirkliche Meilenstein, der vor uns liegt, ist der Bau des Prototyps. Derzeit kommen die Abgase der Industrieunternehmen zu uns in Flaschen und wir wollen das jetzt umdrehen und zur Industrie gehen. Also dieses Upscaling, das dafür notwendig ist, die Prozessentwicklung um den Katalysator herum, das sind jetzt die Arbeiten, an denen wir wirklich technologisch dran sind. Und natürlich wollen wir das Ganze jetzt in ein erfolgreiches Spin-off-Unternehmen umwandeln.

Wenn wir jetzt mal visionär und hoffnungsvoll in die Zukunft blicken, wo hofft ihr bis 2030 zu stehen?
Bis 2030 wollen wir unsere erste Lizenz, unsere erste Anlage stehen und in Betrieb haben, um mit einem Erstanwender zeigen zu können, dass unsere Technologie funktioniert, zur CO2-Reduktion beiträgt und gutes Methanol produziert. Je nachdem, wie groß diese Anlage ist, sparen wir dann deutlich über 200.000 Tonnen CO2 pro Jahr ein.

Wie kann man die Climate Lab Community dabei unterstützen?
Die Climate Lab Community hat uns allein durch die Kontakte und den Austausch

mit anderen Leuten in ähnlichen Situationen schon sehr geholfen. Wir haben viele wertvolle Tipps für unseren Weg mitbekommen. Manchmal haben sich daraus auch schon Kontakte zu Firmen ergeben, für die unser Katalysator oder unsere Technologie interessant sein könnten.

Sucht ihr auch noch Investoren?
Noch sind wir kein gegründetes Unternehmen und finanzieren uns im Moment hauptsächlich durch öffentliche Fördergelder und die Unterstützung unserer Partner. Mittelfristig planen wir aber sehr wohl strategische Partner und Investoren einzubinden um z.B. eine Demonstrationsanlage zu bauen.

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