Was macht Wohnio?
Wir nutzen Technologie, um Zentralheizungen zu optimieren. So können wir in alten Bestandsgebäuden Energie einsparen und den CO2-Ausstoß von Gebäuden verringern. Im Schnitt schaffen wir 15% Energieeinsparungen, wir hatten aber auch schon ein Gebäude, wo wir 30 Prozent geschafft haben. Das war ein altes Schlosshotel, der Worst Case sozusagen.
Kannst du ein bisschen mehr über das Gebäude erzählen?
Es war ein altes Schlosshotel, was keine thermische Sanierung hatte. Die Heizungssysteme waren nicht eingestellt. Um den Komfort der Gäste aufrechtzuerhalten, ist es immer geheizt worden. Da kam viel zusammen: Schlecht saniert, das Heizsystem nicht optimal eingestellt, Heizungen die durchgehend laufen und Gäste, die im Urlaub zur Temperaturregulierung das Fenster aufmachen.
Wie erreicht ihr diese Energieeinsparungen im Heizungssystem?
Zunächst optimieren wir die Wärmeverteilung im Heizungssystem. Wenn ein Gebäude nicht optimal eingestellt ist, bekommen Räume, die weiter von der zentralen Heizung entfernt liegen, weniger Wärme. Deswegen ist die Systemtemperatur oft viel zu hoch eingestellt. Indem wir die Verteilung optimieren, kann man die Systemtemperatur um etliche Grad reduzieren. Das spart Energie.
Dafür kommt auch künstliche Intelligenz zum Einsatz?
Ja genau.
Wozu braucht ihr da eine KI?
KI macht dann Sinn, wenn die Konfiguration immer unterschiedlich ist. Jedes Gebäude, jedes Heizsystem ist etwas anders. Die Gebäude sind unterschiedlich lang, hoch, die Sonne hat einen anderen Einfluss, das Heizungssystem, die Rohrleitungen verlaufen immer anders – wir wissen oft nicht mal wie genau. Natürlich kann man das Ganze auch durch Probieren optimieren, aber die KI findet die optimale Konfiguration für ein spezifisches Gebäude einfach schneller als Menschen.
Schneller und billiger?
Ja klar. Eine Experte kostet pro Stunde 120 Euro und mehr. Mit einem KI-Helfer geht es schneller und günstiger.
Auch eine KI braucht Eingabedaten. Welche Sensoren müssen da im Gebäude vorhanden sein?
Wir installieren im Gebäude Sensoren, die die Systemtemperatur identifizieren. Mit welcher Temperatur geht das Wasser rein und mit welcher Temperatur kommt es raus? Wie hoch ist der Wasserdurchfluss? Daraus ergibt sich die Energiemenge. Diese Sensoren bringen wir an bestimmten Stellen an, wo wir auch steuern können. Aus den Zeitreihen-Daten und ein paar Metadaten – wie hoch, wie lang ist das Gebäude etc. – kann die KI sehr schnell die optimale Konfiguration ableiten.
Was müssen Eigentümer und Mieter tun, wenn sie mit eurem Service Heizkosten sparen wollen?
Wir betreten die Wohnungen gar nicht. Wenn wir jedes Mal in die Wohnungen gehen müssten, wäre das ein riesiger Aufwand. Mieter müssen gar nichts tun und bekommen davon abgesehen von der kleineren Heizrechnung auch nichts mit.
Zahlt sich eure Optimierung für jedes Gebäude aus?
Das muss man sich schon im Einzelnen ansehen. Im Grunde sind aber alle Gebäude, die vor 2000 errichtet wurden, interessant.
Wenn es sich rechnet, wie gehts dann weiter?
Wir machen eine Vorbesichtigung, um uns die Zentrale anzuschauen und danach können wir eigentlich schon starten.
Wie viel Zeit braucht ihr vor Ort, um das Setup zu machen
Abschätzung und Begehung erfordern etwa einen halben Arbeitstag. Die Installationsarbeiten dauern dann nochmal ein bis zwei Tage. Das geht ruckzuck und dann beginnt die Optimierung.
Was kostet das für ein typisches Mehrparteienhaus?
Das lässt sich so pauschal derzeit noch schwer sagen. Ein 4 – niedrig 5-stellige Summe muss man schon rechnen. Die Investition rechnet sich aber sehr schnell. Wir schaffen Amortisationszeiten von drei bis fünf Jahren.
Wie gewährleistet ihr den Datenschutz?
Wir brauchen keine personenbezogenen Daten und wir kennen und brauchen auch nicht den Energieverbrauch der einzelnen Wohnungen. Wir betrachten nur das Gebäude als Ganzes und schaffen Transparenz für Gebäudebesitzer, die ansonsten oft nur einen Energieausweis mit sehr theoretischen Angaben haben. Mit unserer Webapplikation können wir über den tatsächlichen Verbrauch informieren.
Wie kam es zur Idee für Wohnio?
Ich habe eine Business Line für digitale Zwillinge aufgebaut und dann bei Siemens ein Start-up integriert. Dabei hab ich gemerkt, dass das Corporate Life nicht meines ist. Ich wollte dann etwas Eigenes aufbauen und habe mir überlegt, welche Probleme ich mit dem Wissen, das ich habe, lösen kann. Die Idee zu Wohnio hat sich dann in den letzten 2 Jahren auch fünf bis sieben Mal umgedreht.
Was war die erste Idee?
Die erste Idee war, smarte Thermostate in Hotels zu verbauen, um die Heizung je nach Buchungslage zielgerichtet zu steuern. Das hat funktioniert, aber da gibt es schon einige Anbieter. Ich hab dann gemerkt, dass der Radiator nur ein Teil des Heizungssystems ist. Wenn man am Radiator rauf und runter dreht, ist trotzdem immer noch viel zu heißes Wasser in den Leitungen.
Wie lange arbeitet ihr jetzt bereits an dieser konkreten Idee?
Seit einem Jahr circa.
Wie viele Mitarbeiter habt ihr derzeit?
Mit mir sind wir vier Leute.
Was sind eure nächsten Milestones?
Wir haben jetzt einige Pilotprojekte im Laufen. Wir haben tolle Early Adapters, sprich Partner, mit denen wir unsere Lösung gemeinsam entwickeln. Es ist uns wichtig, in einem kooperativen Prozess die Probleme unserer Partner zu verstehen und in ein System zu übersetzen, das wirklich gut funktioniert. Software, die kein richtiges Problem löst, wurde schon oft entwickelt. Das soll uns nicht passieren.
Wie kann euch die Climate Lab Community unterstützen?
Climate Lab hilft uns mit den tollen Events, wo wir schnell mögliche Partner kennenlernen können und wo wir Leute treffen, die an den gleichen Zielen arbeiten. Man motiviert sich gegenseitig und kann sich austauschen. Das bringt auch ein bisschen Abwechslung und andere Perspektiven.
Wo siehst du Wohnio 2030?
Unsere Vision ist es, dass wir eine Lösung für die Wohnungswirtschaft in Europa mit durchschnittlich 15% Energieeinsparung schaffen. Das wäre ein guter Beitrag, dass man die Science-Based-Targets für 1,5 Grad Klimaerwärmung schafft.
Also eure Lösungen in jedem Wohngebäude, das vor 2000 errichtet wurde?
Nicht in jedem, ich glaube, es genügt in jedem fünften.
Dann bis 2040 in jedem Gebäude?
Naja, wir wollen ja kein Monopol werden. Da werden andere hoffentlich auch dagegen halten.
Was braucht ihr denn für euren Erfolg, damit ihr bis 2030 richtig abhebt?
Unsere Lösung ist im Grunde einsatzbereit. Wir können sofort starten. Bei Regulative und bei Förderungen stehen wir in Österreich auch schon ganz gut da. Besser geht natürlich immer. Was wir brauchen, sind noch mehr innovative Kunden und Partner, Pioniere, die den ersten Schritt wagen, was Neues auszuprobieren. Mehr Mut zur Veränderung also, speziell bei den Energielieferanten
Kevin Bauer ist Gründer des Start-ups Wohnio. Er studierte Wirtschaftsingenieurwesen und war bei Siemens & McKinsey beschäftigt. Dort befasste er sich mit IoT und digitalen Zwillingen in Gebäuden und der Energie-Infrastruktur.