Präferenz Klimaberufe – Chance für den Tourismus

‏‏‎ ‎|‏‏‎ ‎Gloria Faltl

Neue Perspektiven auf den Fachkräftemangel und Fragen der Nachhaltigkeit – im Rahmen des Projekts „Präferenz Klimaberufe“ des Klima- und Energiefonds möchte man 2 Fliegen mit einer Klappe schlagen.

Wie können touristische Berufe so weiterentwickelt werden, dass sie jungen Menschen eine echte Zukunft bieten und gleichzeitig einen Beitrag zu einem klima- und ressourcenschonenden Wirtschaften leisten? Das ist eine Frage, die dringend einer Antwort bedarf. Schließlich ist der österreichische Tourismus ein zentraler Wirtschaftsfaktor – der vor großen Herausforderungen steht.

Tourismus trägt 6,2 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt bei und sichert 16,6 Prozent aller Arbeitsplätze im Land (Statistik Austria). 2024 wurden laut WKO Tourismusstatistik mit 154,3 Millionen Übernachtungen neue Rekordwerte erreicht. Doch hinter den Rekorden setzen Personalmangel und Klimawandel dem Sektor stark zu.

Wenn der Nachwuchs fehlt

Derzeit fehlen in Österreich rund 210.000 Fachkräfte. Der Tourismussektor gehört zu den am stärksten betroffenen Branchen. Besonders besorgniserregend: Nach nur drei Jahren arbeitet einer Studie der Arbeiterkammer zufolge bereits die Hälfte der Beschäftigten nicht mehr in der Branche. Der Nachwuchs wendet sich ab. In den Tourismusschulen ist die Zahl der Schüler:innen zwischen 2010 und 2020 um 20 Prozent zurückgegangen. Bei den Lehrlingen ist die Lage noch kritischer, wie eine weitere Studie der AK-Wien zeigt: 54 Prozent haben bereits über einen Abbruch ihrer Ausbildung nachgedacht – der höchste Wert aller Branchen. Eine ganze Generation potentieller Fachkräfte steht der Branche skeptisch gegenüber.

Die Ursachen liegen weniger in einem Mangel an Interessierten, sondern vor allem in den Rahmenbedingungen. Beschäftigte im Tourismus arbeiten oft 70 bis 80 Stunden pro Woche. Überstunden gehören zum Alltag, Wochenenden und Feiertage sind Arbeitszeit. Die psychischen Belastungen sind hoch und die Unternehmenskultur ist nicht selten rau. Der Traum vom Beruf in der Gastfreundschaft trifft auf eine Realität, die viele enttäuscht.

Klimaberufe als doppelte Antwort

Weitere Herausforderungen – aber auch Chancen – für die Branche bringt auch die Klimawende. Der globale Tourismus ist laut WWF-Deutschland immerhin für 8 bis 12 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich. Gleichzeitig spürt insbesondere der Wintertourismus auch die Auswirkungen: Seit 1961 hat sich nach Angaben der ZAMG die Schneedeckendauer in Österreich um 40 Tage verkürzt. Auch die Erwartungshaltung der Gäste verändert sich: Ein Viertel der Urlauber achtet bereits auf Nachhaltigkeit bei der Urlaubsplanung – und die Nachfrage nach umweltfreundlichen Angeboten wächst stetig.

Angesichts dieser zweifachen Herausforderung gewinnt ein innovativer Lösungsansatz an Bedeutung: die gezielte Entwicklung von „Klimaberufen“ im Tourismussektor. Die Idee: Statt Personalmangel und Klimaschutz als getrennte Probleme zu behandeln, werden beide Herausforderungen gemeinsam angegangen. Indem Nachhaltigkeit nicht als Zusatzbelastung, sondern als Chance für attraktive neue Berufsbilder begriffen wird, könnte die Branche gleichzeitig ihren Fachkräftemangel lindern und ihren ökologischen Fußabdruck reduzieren. Wie das genau gelingen kann, möchte der Klima- und Energiefonds im Rahmen des Leitprojekts „Präferenz Klimaberuf!“ herausfinden.

Workshop im Alpbachtal: Theorie trifft Praxis

Bereits im Juni 2025 fand dazu auch ein Workshop im Alpbachtal statt. Im Zentrum stand der gemeinsame Austausch zwischen Betrieben, Bildungseinrichtungen und jungen Menschen aus der Region. Mit dabei waren Vertreter:innen aus Hotellerie (Galtenberg Family & Wellness Resort), Bergbahnen, Tourismusverbänden sowie eine Schülerin und ein ehemaliger Lehrer der Zillertaler Tourismusschule.

Die Teilnehmenden arbeiteten an konkreten Herausforderungen: Wie können Arbeitsplätze trotz veränderter Rahmenbedingungen gesichert werden? Was braucht es für eine teamorientierte Betriebskultur und flexible Arbeitszeitmodelle? Wie lassen sich junge Menschen nach ihrer Ausbildung an den Betrieb binden? Mehrfach betont wurde der Wunsch nach mehr Zusammenarbeit über Gemeindegrenzen hinweg, um Verantwortung zu teilen und gemeinsam an langfristigen Lösungen zu arbeiten. Diskutiert wurden sowohl konkrete Beispiele aus Betrieben als auch überregionale Lösungsansätze. Tätigkeitsfelder wie nachhaltige Mobilität, Betriebsökologie und ressourcenschonendes Management eröffnen dabei potenzielle Perspektiven für Berufe mit Klimarelevanz.

Die Ergebnisse des Workshops fließen in Blueprints und Roadmaps zur weiteren Umsetzung auf Unternehmensebene ein. Die Ergebnisse werden demnächst im Rahmen des Projektabschlusses vorgestellt.

Über das Projekt

„Präferenz Klimaberuf!“ wird vom Klima- und Energiefonds gefördert. Die Projektleitung liegt bei ÖSB Social Innovation, die inhaltliche Ausgestaltung liegt bei der ÖSB Consulting und die Organisation, Durchführung und Moderation der Workshops erfolgt durch das Climate Lab.

Mehr erfahren: www.oesb-socialinnovation.at/klimaberuf

Mehr zum Thema

Circular Monday: Wertschöpfung ist veränderbar

COP 30: „Ich wünsche mir mehr als schöne Worte.“

2nd Hand am Bau – ein Fenster in die Zukunft?

Unterschätzte Klimatreiber: Kältemittel

Ich möchte mich bewerben. Benachrichtige mich!