Textil Dialog: Ein Ende für Vernichtung auf Vorrat

‏‏‎ ‎|‏‏‎ ‎Stephanie Bergwinkl

Nach Fast-Fashion, EPR, Recycling und Geschäftsmodellen stand beim jüngsten Textil Dialog im Climate Lab nun auch die Details zum nationalen Begleitgesetz zur Umsetzung der Ökodesignverordnung, wie unter anderem das geplante Vernichtungsverbot für unverkaufte Neuwaren im Fokus.

Die geplante Ökodesign-Verordnung für nachhaltige Produkte (ESPR) der EU soll einen grundlegenden Wandel in der Produktgestaltung und Verantwortung einleiten –  als erste Produktgruppe wird der Textilbereich angegangen. Ein zentrales Element dabei: das Vernichtungsverbot unverkaufter Neuwaren. Künftig soll es Herstellern und Händlern untersagt werden, fabrikneue Kleidung systematisch zu entsorgen. Ein Schritt, der nicht nur symbolisch, sondern auch ökologisch und wirtschaftlich richtungsweisend ist.

Das Vernichtungsverbot zielt darauf ab, Ressourcenverschwendung zu vermeiden und Anreize für langlebiges und kreislauffähiges Design zu setzen. Doch wie sollen konkrete Mindestanforderungen für Haltbarkeit, Reparierbarkeit und Recyclingfähigkeit von Textilien aussehen? Diese Fragen standen im Mittelpunkt des aktuellen Textil Dialogs mit Vertreter:innen aus Wissenschaft und Gesellschaft. Spannende Impulse gab es dabei von Andreas Tschulik und Susanne Schmied-Summer vom Bundesministerin für Land- und Forstwirtschaft, Klima- und Umweltschutz, Regionen und Wasserwirtschaft sowie von Michaela Theurl aus dem Umweltbundesamt.  Ziel des Dialogs war es die Meinungen der Stakeholder einzuholen um ein praxisnahes Begleitgesetz für die nationale Umsetzung sicherzustellen.

Haltbarkeit: Ein schwammiger Begriff?

Unter den Teilnehmenden herrschte Einigkeit darüber, dass die physische Haltbarkeit – also Formstabilität, Reißfestigkeit oder Farbechtheit – ein zentrales Kriterium ist. Gleichzeitig wurde in den Gesprächen aber auch deutlich, wie komplex die Bewertung ist: Welche Materialien gelten als „haltbar“ genug? Welche Rolle spielt die Nutzung – etwa der Unterschied zwischen Alltagskleidung und Ballkleid? Und: Wie lässt sich das alles messbar machen?

Bedenken wurden hingegen insbesondere mit Blick auf die Datenlage und den bestehenden Vorschlägen der Gemeinsamen Forschungsstelle (Joint Research Center-JRC) der EU geäußert. Viele der vorgelegten Grundlagen werden als zu schwach oder selektiv angesehen. Ein belastbares Fundament für Mindestanforderungen sei aktuell kaum gegeben.

Recyclingfähigkeit: Fasermix als Problem und Chance

Beim Thema Recyclingfähigkeit wurde schnell deutlich, wie herausfordernd der gängige Materialmix von Textilien ist. Weit verbreitete Mischgewebe erschweren das Faser-zu-Faser-Recycling erheblich. Gefordert wurden klare Anforderungen an die Faserzusammensetzung und eine stärkere Berücksichtigung des Reuse-Gedankens – also der Wiederverwendung vor dem Recycling.

Die Diskussion zeigte, dass eine einseitige Konzentration auf chemisches Recycling nicht zielführend ist. Vielmehr brauche es eine Balance zwischen Wiederverwendung, mechanischem und chemischem Recycling – abhängig vom jeweiligen Textilprodukt.

Herstellerverantwortung und Kontrolle: Gute Idee, große Fragezeichen

Ein zentraler Hebel für die Umsetzung der Ökodesign-Ziele ist die erweiterte Herstellerverantwortung (EPR). Die damit einhergehende Inverkehrbringergebühr könnte beispielsweise gestaffelt werden (Ökomodulation) und  Unternehmen belohnen, die besonders nachhaltige Produkte in Umlauf bringen. Gleichzeitig wurde auf Kontrollprobleme hingewiesen – etwa im Onlinehandel mit Anbietern wie Shein oder Temu, bei denen unklar ist, wie neue Anforderungen durchgesetzt und kontrolliert werden können.

Die Ökodesign-Verordnung verspricht viel – weniger Müll, mehr Kreislauf, bessere Produkte. Doch der Weg dorthin ist komplex. Besonders im Textilbereich, einer Wertschöpfungskette, die global und komplex ist, müssen praktikable, aber wirkungsvolle Kriterien gefunden werden. Klar ist: Haltbarkeit und Recyclingfähigkeit dürfen nicht länger nice-to-have sein – sie müssen zum Standard werden. Und das Vernichtungsverbot ist dabei nicht das Ende, sondern erst der Anfang einer dringend nötigen Transformation.

Autorin: Stephanie Bergwinkl & Impact Redaktion
Titelbild: Markus Palzer-Khomenko

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