Abschlussbericht: Zirkuläre Büromöbel

Abschreiben, ersetzen, wegwerfen - viel zu oft landen völlig intakte Büromöbel im Sperrmüll. Das soll sich ändern.

Weltweit werden jedes Jahr 57 Millionen Tonnen Büromöbel entsorgt. In der österreichischen Möbelproduktion machen Büromöbel knapp 12% aus. Das entspricht einem jährlichen Umsatz von rund 300 Mio. €.Der Großteil davon landet früher oder später beim Sperrmüll. Wie sich das ändern lässt, hat sich das Climate Lab im Auftrag des Klimaschutzministeriums angesehen und die Erkenntnisse und Handlungsempfehlungen in diesem Bericht zusammengetragen.

Wir haben die rechtlichen und wirtschaftlichen Herausforderungen analysiert und uns mit Fragen der Logistik, des Qualitätsmanagements, des Designs und der gesellschaftlichen Akzeptanz auseinandergesetzt. Der Fokus lag dabei auf B2B-Lösungen für Büromöbel und zirkulären Geschäftsmodellen. Best-Practice Beispiele aus dem In- und Ausland zeigen auf, wohin die Reise für die Möbelbranche geht:

Zirkuläre Spielregeln aus Frankreich
In  Frankreich gilt seit 2013 die erweiterte Herstellerverantwortung für Möbel. Seither sind Händler zur Rücknahme verpflichtet. Möbel können dort bei karitativen Einrichtungen, bei kommunalen Abgabestellen oder beim Händler zurückgegeben werden. Für die Entsorgung wird von den Produzenten eine Recyclinggebühr erhoben. Darüber hinaus hat Frankreich auch vorgeschrieben, dass öffentliche Stellen gebrauchte Möbel oder Möbel aus recyceltem Material beschaffen. Einwegprodukte aus Kunststoff wurden von der öffentlichen Beschaffung ausgeschlossen. Bis 2030 werden die verpflichtenden Recyclinganteile in Frankreich schrittweise auf 50% angehoben.

Neue Geschäftsmodelle für die Branche
Das dänische Unternehmen Nornorm verfolgt den zirkulären Ansatz, Büromöbel im Abonnement zur Verfügung zu stellen. Das Unternehmen kauft gebrauchte Möbel oder produziert Möbel aus gebrauchten Materialien. Über die eigene App bietet Nornorm einen benutzerfreundlichen Tauschservice, um den Tausch von Möbelstücken zu buchen. Der Büroraum kann auf diese Weise einfach an sich verändernde Bedürfnisse angepasst werden.

In Dänemark unterstützt außerdem Circular Furniture beim An- und Verkauf gebrauchter Büro- und Loungemöbel. Das Unternehmen ist darauf spezialisiert, anderen Unternehmen dabei zu helfen, einen Mehrwert aus ihren alten Möbeln zu ziehen, wenn Möbel ausgetauscht werden müssen.

Das deutsche Unternehmen Twins Company hat sich darauf spezialisiert, Möbel aus Wohnungsauflösungen zu vertreiben. Das Konzept hat das Unternehmen zu groß-gewerblichen Abholungen bei Unternehmen und Ausstattungen von Hotels weiterentwickelt. Um die umfangreiche Logistik von der Abholung von Mobiliar aus Hotels und Büros zu gewährleisten, arbeitet Twins Company mit verschiedenen Speditionsdienstleistern zusammen. Der Vertrieb erfolgt über einen Online-Shop.

Online-Plattformen auf dem Vormarsch
In Deutschland hat sich die gemeinnützige Organisation weitergeben.org auf die Weitergabe von Büromöbeln und Schulmöbeln spezialisiert. Mit dem Fokus auf Schulmöbel hat sie ein Alleinstellungsmerkmal und vermittelt inzwischen auch in Österreich. Durch das “all in time” Vermittlungskonzept wird ein Lagerbedarf vermieden. Eine Lagerung würde das derzeitige Geschäftsmodell unwirtschaftlich machen.

Schottland verfügt mit Circular Communities Scotland über eine öffentliche Beschaffungsplattform für Reuse Möbel. Auch in England gibt es mit City Used Office Furniture eine Plattform mit einem sehr umfangreichen Büromöbelangebot. Zurzeit gibt es dort sogar Überlegungen für große physische ReUse-Hubs, um noch größere Mengen zu sammeln und die Logistik zu optimieren.

Die Onlineplattform Warp it vermittelt seit 12 Jahren gebrauchte Büromöbel für Schulen, Universitäten und Krankenhäuser – inzwischen sogar in Neuseeland und Australien. Warp it versteht sich als IT Unternehmen, das Angebot und Nachfrage im B2B Bereich vermittelt. Als großer Abnehmer hat die Stadt Newcastle maßgeblich zum Erfolg des Unternehmens beigetragen.

Best Practice aus Österreich
Auch in Österreich gibt es bereits Unternehmen und Geschäftsmodelle, die auf Circularity für Büromöbel setzen. So ist Reoffice ein Anbieter einer ganzheitlichen Büromöbel-Dienstleistung. Die Firma bietet Übersiedlungen und Entrümpelungen an und bringt gut erhaltene, gebrauchte Büromöbel als refurbished-Produkte über ihren Online-Shop wieder auf den Markt. In Wien gibt es zudem einen Schauraum.

Bereits bei der Produktentwicklung setzen Wiesner Hager in ihrer Circular Economy Strategie mit ökologischen Designkriterien an. Gebrauchte Möbel werden zerlegt und ihre wiederverwendbaren Komponenten geprüft und aufbereitet. Unbrauchbare Teile werden recycelt und ersetzt. Damit wird, laut eigenen Angaben, bei einem Drehstuhl der Materialeinsatz und die CO2-Emissionen um etwa 80% verringert.

Sozialbetriebe in der Vorreiterrolle
Als Vorbild für sozialwirtschaftliche Betriebe dient das Carla Depot der Caritas in Wien. Unternehmen, die ihre Räumlichkeiten neu ausstatten, auflassen oder an einen neuen Standort umziehen, überlassen gut erhaltene Büro- oder Geschäftseinrichtungen dem Carla Depot für den Verkauf. Der erzielte Erlös kommt sozialen Projekten und Einrichtungen der Caritas zugute. Gleichzeitig unterstützt das Carla Depot Langzeitarbeitslose dabei, wieder auf dem Jobmarkt Fuß zu fassen. Einige Sozialunternehmen aus ganz Österreich haben sich zudem zum Secondhand-Online-Marktplatz Widado zusammengeschlossen, um gebrauchte Artikel online zu vertreiben.

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Foto: Lea Fabienne

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