Verantwortung übernehmen Akteur:innen der Matratzenbranche bereits heute. Aufbauend auf den Ergebnissen unseres Programms für zirkuläre Matratzen haben sich Neveon, Betten Eberharter und MATR zusammengeschlossen, um gemeinsam die Österreichische Matratzen Allianz zu initiieren. Das Climate Lab ist mit der Vereinsgründung beauftragt. Die Ziele der Matratzen Allianz können dabei durchaus als Vorbild für andere Branchen dienen. Erweiterte Herstellerverantwortung, digitaler Produktpass und zirkuläres Design sind über alle Sektoren hinweg Schlüsselelemente der Kreislaufwirtschaft. Ein Erfolg der Matratzenbranche könnte hier den Weg für weitere Produktgruppen ebnen. Der Aufruf zur Partizipation geht an alle Unternehmen, die entlang der Wertschöpfungskette tätig sind, vom Rohstoffproduzenten bis zum Recycling-Unternehmen.
Ein möglicher Kandidat für rasche Nachahmung ist die Möbelbranche. Auch dazu laufen im Climate Lab Umsetzungsprojeke mit dem Climate Lab Partner Ikea sowie dem Klimaschutzministerium. Die Anforderungen sind dabei ähnlich, wenn auch nicht ganz vergleichbar. Bereits heute gibt es einen großen Markt für gebrauchte Möbel. Bisher war der 2nd Hand Möbelmarkt vorrangig auf Online-Plattformen wie Willhaben zu finden. Inzwischen haben aber auch große Möbelhäuser wie Ikea das Potential des Marktes erkannt und beschäftigen sich mit neuen Geschäftsmodellen rund um gebrauchte Möbel. Gerade für Möbel besteht dabei auch ein großer Handlungsdruck, wie Fernseh-Dokumentationen der jüngsten Vergangenheit gezeigt haben. Produkte, die sich mit einem Schraubenzieher in 5 Minuten zerlegen lassen, können auch leicht repariert und Einzelteile mit hohem Materialwert für neue Produkte verwendet werden.
Ganz andere Probleme plagen die Textilbranche auf dem Weg zu kreislauffähigen Textilien. Hier haben sich mit Fast Fashion, Ultra Fast Fashion und Hot Drops Geschäftsmodelle etabliert, die sich auf Umwelt und Klima äußerst zerstörerisch auswirken. Der fast vollständig ausgetrocknete Aral-See als Konsequenz der Baumwoll-Industrie zählt zu den größten Umweltkatastrophen weltweit und auch die Entsorgung von Chemikalien in Flüssen ist ein enormes Problem. Im Rahmen des Textil-Dialoges, ein Gesprächsformat im Auftrag des Klimaschutzministeriums sucht die Branche 2024 im Climate Lab nach dem Kulturwandel und Möglichkeiten für ein EPR-System – also eine erweiterte Herstellerverantwortung. Fast Fashion und Textilkreislauf standen bereits in den Textil-Dialogen 2023 im Fokus.
Dabei zeigt sich ganz besonders: Weniger ist mehr. Denn die Wiederaufbereitung von Textilfasern ist ein sehr kompliziertes Unterfangen, das viele Herausforderungen mit sich bringt. Insbesondere der Elastan-Gehalt bereitet Kopfzerbrechen. Elastan macht unsere Kleidung elastisch und Designs universeller, ist jedoch gleichzeitig für die Wiederaufbereitung der Textilien das größte Hindernis. Substitution oder Verzicht bieten derzeit auch keine guten Alternativen. So bleibt eigentlich nur, sich darauf zu konzentrieren, die Mengen zu reduzieren – indem bewussteres (und hochwertigeres) Kaufverhalten gefördert und der Second Hand Markt für Kleidung angekurbelt wird. Recycelt sollte nur noch Kleidung werden, die tatsächlich kaputt ist. Mit Uptraded, Tauschbar oder Endlos Fesch gibt es bereits StartUps und ScaleUps, die hier neue Geschäftsideen für einen nachhaltigen Lifestyle umsetzen.
Etwa 60% der Abfallmengen entfallen auf den Bausektor. Zirkuläres Bauen ist daher ein weiteres Programm im Climate Lab. Dazu zählen Multi-Stakeholder-Projekte zur Ausbildung im Bausektor, zirkuläre Baustoffe und zur Wiederverwendung von Aushub und Ausbruch-Materialien, wie sie beispielsweise beim Tunnelbau anfallen. Climate Lab ist auch Teil von Kraisbau, einem breiten Bündnis für KI unterstütztes zirkuläres Bauen, das im Zuge eines FFG-Projektes in den nächsten 4 Jahren starke Impulse setzen möchte. Für den Gebäudesektor stehen dabei ähnliche Herausforderungen und Lösungen wie in anderen Sektoren im Fokus. Intelligentes Gebäudedesign, das eine zerstörungs-arme oder freie Demontage und Wiederverwendung der Teile erlaubt, digital abrufbare Information zu den Bauteilen und Stoffe, die sich einfach im Kreislauf halten lassen, machen einen zirkulären Bausektor erst möglich.
Klar ist auch, dass im Sinne des Boden- und Klimaschutzes künftig weniger neu gebaut werden kann – zumal die benötigte Infrastruktur weitestgehend bereits hergestellt ist. Bauen als Selbstzweck ist mit einem nachhaltigen Wirtschaftssystems nicht vereinbar. Eine Krise auf dem Bausektor ist deshalb aber noch lange nicht in Sicht. Ganz im Gegenteil: 35 Mio. Gebäude müssen in der EU bis 2030 saniert werden. Das erfordert jährliche Investitionen von 200 Mrd. Euro und 160.000 neue Jobs. Die Klimawende im Gebäudesektor in Österreich erfordert Investitionen von rund 80 Mrd. Euro. Geld, das in langfristig, nachhaltig und zirkulär konzipierten Gebäuden besonders gut angelegt ist.
Im zweiten Circularity Jahr im Climate Lab darf man sich auf weitere spannende Themen rund um die Kreislaufwirtschaft freuen. Rohstoffkreisläufe, wie etwa der Phosphorkreislauf, stehen ebenso auf dem Plan wie die Frage nach CO2 reduzierten, zirkulären Baustoffen, neue zirkuläre Geschäftsmodelle und Anwendungsfälle für Aushub- und Ausbruchmaterial. Gemeinsam werden wir weiterhin Lösungen schneller in die Umsetzung bringen.